Donnerstag, 10. April 2014, 12:00 - 14:00 iCal
INTERAKTIONEN - Christoph Nübel
Der Mythos als politische Gefahr? Bismarck im Nationalsozialismus
Seminarraum 1, Institut für Zeitgeschichte
Spitalgasse 2-4/Hof 1 , Tür 1.13, 1090 Wien
Vortrag
Die Forschung ging bislang davon aus, dass Bismarck ein bedeutender Bestandteil von Hitlers Propaganda war. Allerdings hat Bismarck in den Äußerungen Hitlers während der 1920er Jahre nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Das hatte zwei Gründe. Zum einen waren die kursierenden Bismarck-Mythen und Hitlers Ideologie inkongruent. Zum anderen versuchte Hitler den Nationalsozialismus als eine neue und dynamische politische „Bewegung“ erscheinen zu lassen und sich damit von den anderen Gruppierungen der Rechten abzusetzen, welche sich Bismarck als Leitbild erkoren hatten.
Allerdings kann politische Herrschaft durch Mythen nicht nur legitimiert, sondern auch kritisiert werden. 1933 erlebte Bismarck eine politische Renaissance. Zahlreiche konservative Gruppen versuchten jetzt, ihre politischen Vorstellungen mit Bismarck zu untermauern. Die Nationalsozialisten verboten nicht nur deren Organisationen, sondern machten sich daran, die politische Kultur Deutschlands in ihrem Sinne zu gestalten. Sie etablierten ihre Variante des Bismarck-Mythos, die nach Maßgabe der NS-Ideologie geformt war und die alternativen politischen Deutungen keinen Raum mehr ließ. Bis Ende der 1930er-Jahre hatte sich in der deutschen Öffentlichkeit ein Bismarck-Monomythos durchgesetzt, der die Vielfalt der bis dahin mit Bismarck verbundenen politischen Ideen verdrängte.
Dr. Christoph Nübel ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geschichtswissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin. 2011 wurde er in Kiel mit einer Arbeit über Raumerfahrungen deutscher Soldaten im Ersten Weltkrieg promoviert. Er forscht zur Militärgeschichte, zur Sicherheits- und Ideengeschichte des 19. Jahrhunderts, zu Raum und Geschichte sowie Otto von Bismarck. Veröffentlichungen u.a. Bedingt kriegsbereit. Kriegserwartungen in Europa vor 1914, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 63 (2013) 12, S. 22-27; Neue Forschungen zur Kultur- und Sozialgeschichte des Ersten Weltkriegs. Themen, Tendenzen, Perspektiven. In: H-Soz-u-Kult, 08.07.2011. <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/forum/2011-06-001>.
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Veranstalter
INTERAKTIONEN / Institut für Zeitgeschichte
Kontakt
Marianne Ertl
Institut für Zeitgeschichte
4277-41202
marianne.ertl@univie.ac.at
Erstellt am Mittwoch, 19. März 2014, 11:45
Letzte Änderung am Mittwoch, 09. April 2014, 11:28