Montag, 02. Mai 2022, 19:00 - 21:00 iCal

Péter Nádas - Ernst-Jandl-Dozentur für Poetik

Poetikvorlesungen

Universität Wien, Hörsaal 33
Universitätsring 1, 1010 Wien

Lecture


Weitere Termine

Montag, 09. Mai 2022, 19:00 - 21:00

Montag 2.5.2022, 19.00-21.00

Péter Nádas

Haydn im Plattenbau

1. Poetik-Vorlesung

Ort: Hörsaal 33, Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7

Universitätsring 1, 1010 Wien

 

Montag 9.5.2022, 19.00-21.00

Péter Nádas

Schreiben als Beruf

2. Poetik-Vorlesung

Ort: Hörsaal 33, Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7

Universitätsring 1, 1010 Wien

 

Dienstag 10.5.2022, 19.00-21.00: Konversatorium zu den Vorlesungen

Ort: Alte Schmiede, Schönlaterngasse 9, 1010 Wien

 

 

Péter Nádas führt in seinen beiden Poetikvorlesungen ins Innere des Schreibens: in einer erlebnisgrundierten Parabel lotet er in „Haydn im Plattenbau“ das Verhältnis seines Schreibens zu dem seines Freundes Péter Esterházy aus, indem er auf Haydn als Komponisten in Diensten der Fürsten Esterházy überblendet. Das Verhältnis zur Puszta, die nicht Leere ist, lässt ihn in der ersten Vorlesung eine stumme Poetik entfalten, bei der das, was nicht auf dem Papier steht und den Aussagen der einzelnen Absätze innewohnt, ebenso wichtig ist wie das, was tatsächlich geschrieben ist.

In der zweiten Vorlesung führt Nádas in eine eigenwillige Vorstellung des Schreibens als Beruf ein, was auch das Abgestreifte, nicht Besprochene umfasst, das Weggelassene, Ausgesparte, das dennoch im Text, in seinen Äußerungen anwesend ist. Der Autor fragt und umkreist das in Frage Stehende: „Was passiert mit einem Text, wenn ich Sachen streiche“? und „Mit welchen psychischen oder physiologischen Systemen sind meine den Text betreffenden Entscheidungen verknüpft, was für Systeme bilden die Folgen von Entscheidungen. Im guten Fall ist evident, dass diese individuellen Systeme nicht der Text sind, sondern das Muster der inhaltlichen Elemente, also Struktur.“

 

Eingebunden sind die beiden Vorlesungen Nádas in die Semestervorlesung von Thomas Eder, die sich mit Fremd- und Selbstdarstellungen von Erlebnisinhalten und Erlebnisweisen in Romanen und Erzählungen befasst. Auch in den Prosawerken von Péter Nádas werden die psychischen Zustände (Empfindungen und Erlebnisse) der Figuren und des Erzählers literarisch dargestellt. Sei es, dass die Zustände und Vorgänge in anderen von einem Erzähler oder einer anderen Figur beschrieben werden, sei es, dass die Erzählerin oder eine Figur die je eigenen Erlebnisse und Empfindungen schildert.

Es stehen dabei mehrere unterschiedliche, aufeinander beziehbare Erlebnisarten und Gestaltungsverfahren auf dem Spiel, bei denen auch die Perspektive der Lesenden miteinbezogen wird:

 

- Antizipation des Erlebens der Lesenden. Welche sprachlichen Ankerpunkte einer zu erzählenden Szene werden den Lesenden angeboten, damit sie diese vervollständigen zum imaginären Erleben dieser Szene: als ob sie sie selbst in actu erlebten oder als ob sie sie selbst erlebt hätten und sie sich erinnernd vergegenwärtigten. Das kann aus der Perspektive der 3. Person oder der 1. Person erfolgen.

 

- Beschreibung der eigenen psychischen Zustände, der Widerstände, die einem solchen Bemühen entgegenstehen: was kann der Empfindende als sein Erleben unterscheiden von dem Konfabulierten – von einem durch sein theoretisches Wissen um innere Zustände, aber auch um physiologische Vorgänge, veränderten Erleben?

 

- Welche Einwirkung hat das, was er an anderen als Reaktion auf sein Verhalten wahrnimmt, auf die Einschätzung seiner eigenen inneren Zustände?

 

- manche ausgedehnte Passagen, die Erlebnisse der Personen darstellen, wirken so, als seien sie aus einer umfassenden Selbstbeobachtung des Schreibenden entstanden. Diese Selbstbeobachtung kann zum einen sein eigenes Erleben beim Vorstellen des thematisch Dargestellten zum Gegenstand haben. Zum anderen kann es aber eine leicht zeitversetzte Selbstbeobachtung des sprachlichen Darstellens sein: der Schreibende beobachtet seine Erlebnisse bei der Lektüre des von ihm gerade Geschriebenen und lässt diese Beobachtungen in die darauffolgenden Sätze einfließen. Oder aber diese Erlebnisse wirken auf eine allfällige Überarbeitung der Passagen zurück. Das Vorstellen des durch die Sprachgestalt Angeregten steht im Brennpunkt dieser letzteren Form der Selbstbeobachtung.

 

Péter Nádas, 1942 in Budapest geboren, ist Fotograf und Schriftsteller. Bis 1977 verhinderte die ungarische Zensur das Erscheinen seines ersten Romans "Ende eines Familienromans" (dt. 1979). Sein "Buch der Erinnerung" (dt. 1991) erhielt zahlreiche internationale Literaturpreise. Zuletzt erschienen der große Roman "Parallelgeschichten" und seine Memoiren eines Erzählers: "Aufleuchtende Details". Unter anderem wurde Nádas mit dem Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur (1991), dem Kossuth-Preis (1992), dem Leipziger Buchpreis für Europäische Verständigung (1995) und dem Franz-Kafka-Literaturpreis (2003) ausgezeichnet. 2014 wurde ihm der Würth-Preis für Europäische Literatur verliehen. Péter Nádas lebt in Budapest und Gombosszeg.

 


Veranstalter

Institut für Germanistik


Kontakt

Thomas Eder
Institut für Germanistik
0664/88496823
thomas.eder@univie.ac.at