Freitag, 17. Oktober 2014, 09:30 - 18:00 iCal

Ungarn 1919

Die Verlockung des Kommunismus.

Marietta-Blau-Saal im Hauptgebäude der Universität Wien
Universitätsring 1, 1010 Wien

Tagung, Konferenz, Kongress, Symposium


Nach der Oktoberrevolution in Russland 1917 und dem Zusammenbruch der Monarchien in Deutschland und Österreich-Ungarn als Folge des 1. Weltkriegs wurden mehrere Versuche in Mitteleuropa unternommen, kommunistische Staatsformen zu gründen. Das langlebigste dieser Experimente war die im März 1919 ausgerufene ungarische Räterepublik unter der Führung des aus russischer Kriegsgefangenschaft zurückgekehrten Journalisten und Vorsitzenden der jungen kommunistischen Partei Ungarns, Béla Kun.

Die 133-Tage-andauerende Räteherrschaft war eine bedeutende Episode im Leben von Intellektuellen wie jenen des Sonntagskreises um Georg Lukács, Béla Balázs und Karl Mannheim. Für einige Intellektuelle und Künstler eröffnete die „Diktatur des Proletariats“ neue Aktionsfelder. Namhafte Gestalten des ungarischen Geisteslebens engagierten sich im Kontext der Kulturpolitik der Räterepublik, in der Georg Lukács als stellvertretender Volkskommissar für das Unterrichtswesen eine maßgebliche Rolle spielte.

Der Pakt mit einer in vieler Hinsicht von überzogenem Eifer bestimmten Politik wurde später von vielen teuer bezahlt. Die Niederschlagung der Räterepublik führte die meisten mit der Räterepublik assoziierten Intellektuellen ins Wiener Exil; Wien wurde so zu einem Zentrum des fortschrittlichen ungarischen Kulturlebens. Ein Teil der später weiter nach Sowjetrussland emigrierten politischen Protagonisten der Räterepublik sollte dort unter den Stalinschen Säuberungen den Tod finden; andere agierten später in den ungarischen kommunistischen Regierungen der Nachkriegszeit sowie in der Revolution von 1956.

Trotz der engen Beziehungen vieler beteiligter Intellektueller zum deutschsprachigen Raum und zu Wien im Besonderen sind in den letzten Jahren wenige Publikationen in deutscher Sprache zum Thema erschienen. Dieses Symposium, aus dem ein Sammelband hervorgehen soll, bringt WissenschaftlerInnen aus Ungarn und Österreich zusammen, um dieses kurze, doch folgenreiche Kapitel der ungarischen Geschichte in vergleichender und internationaler Perspektive erneut zu besprechen.

Neben den unterschiedlichen lebensgeschichtlichen und intellektuellen Konsequenzen des gescheiterten kommunistischen Projekts soll der Fokus des Symposiums auf den biographischen Narrativisierungen und literarischen Verarbeitungen der historischen Ereignisse liegen. Von besonderem Interesse ist weiters die unterschiedliche Verarbeitung der Revolution von 1919 in den (politischen) Erinnerungskulturen des Westens und Ostens mit besonderer Rücksicht auf die Biographie. Unser Ziel ist es, ein Schlaglicht auf in die kulturelle und politische Geschichte der Räterepublik involvierte Individuen zu werfen; darüber hinaus soll anhand von Ungarn 1919 auch exemplarisch untersucht werden, in welchen divergierenden, von Ort, Zeit und politischem wie auch sozialem Umfeld abhängigen Weisen ein folgenreiches politisches Ereignis in den Erzählungen individueller Lebensgeschichten (re-)konstruiert wird.

 

Termine:

16. Oktober 2014, 17.00 – 19.00 Collegium Hungaricum, Veranstaltungsraum 2. Stock (Wien 2., Hollandstraße 4)

17. Oktober 2014, 9.30 – 17.30 Marietta-Blau-Saal, Universität Wien (Wien 1., Universitätsring 1)

 

Eine Veranstaltung des Ludwig Boltzmann Instituts für Geschichte und Theorie der Biographie in Kooperation mit dem Collegium Hungaricum Wien und der Universität Wien – EVSL/Abteilung Finno-Ugristik.

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Veranstalter

Ludwig Boltzmann Institut für Geschichte und Theorie der Biographie


Um Anmeldung wird gebeten


Kontakt

Albert Dikovich
Ludwig Boltzmann Institut für Geschichte und Theorie der Biographie
+43 1 4277 43096
albert.dikovich@gtb.lbg.ac.at