Mittwoch, 24. Mai 2023, 18:30 - 20:00 iCal

Geschichte am Mittwoch

Leonhard Jungwirth (Wien), Eine „Nazikirche“? Zu Genese und Konsequenz eines österreich-evangelischen Selbst- und Fremdbilds

Moderation: Astrid Schweighofer

PRÄSENZVERANSTALTUNG

Hörsaal 30 (HS) im Hauptgebäude der Universität Wien
Universitätsring 1, 1010 Wien

Vortrag


Abstract:

Für das Österreich der 1930er Jahre ist eine Konstellation an politischen Realitäten, soziologischen Phänomenen und kirchenpolitischen wie theologischen Deutungsmustern zu identifizieren, die in der evangelischen Minderheitskirche zu einer verhältnismäßig starken Herausbildung und Verstärkung nationalsozialistischer Affinitäten führten. Nicht nur frömmigkeits- und traditionsbezogene Unterschiede zwischen „altprotestantischen“ und „neuprotestantischen“ Milieus wurden durch die Mobilisierungs- und Integrationserfolge der (illegalen) NSDAP nivelliert, sondern auch die theologischen Grenzsetzungen zwischen den österreichischen Kirchenkampfparteien transzendiert. In den Jahren 1938/39 wurden sodann kirchenpolitische Fakten und Bilder geschaffen, die das Image einer evangelischen „Nazikirche“ festigten und bis weit in die Nachkriegszeit hinein prägten. Dennoch lässt sich spätestens ab 1940 eine aus unterschiedlichen Entwicklungen resultierende und – in kirchennahen Kreisen – vor dem politisch-theologischen Deutungshorizont der Luther’schen Zwei-Reiche-Lehre vollzogene kirchenpolitische Wende beobachten, die mit Ernüchterungen der Pfarrerschaft korrespondierte. Zu einer klaren Abkehr vom nationalsozialistischen Regime oder gar zu Widerstand im engeren Sinn führte diese Wende nicht. Sie schuf jedoch wichtige Voraussetzungen für eine nach 1945 entschieden forcierte Entideologisierung und Entpolitisierung evangelischer Kirchenpolitik und Theologie.

 

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Veranstalter

Institut für Geschichte


Kontakt

Martina Fuchs
Institut Institut für Geschichte
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martina.fuchs@univie.ac.at