Dienstag, 15. Juni 2021, 18:30 - 20:00 iCal

Dekolonial und intersektional?

Widersprüche der Herrschaftskritik in der südafrikanischen Studierendenbewegung


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Vortrag


Im Rahmen der von unserer Gastprofessorin Univ.-Prof. Dr. Nadja Meisterhans geleiteten Schwerpunktvorlesung Intersektionalität. Transdisziplinäre und transnationale Perspektiven des Masters Internationale Entwicklung spricht Dr. Antje Daniel, Universitätsassistentin (post-doc) am Institut für Internationale Entwicklung der Universität Wien. Sie arbeitet zu sozialen Bewegungen, politischer Partizipation, Konflikt, Umwelt, feministischen Theorien, Utopien und Zukunftsvorstellungen sowie Entwicklungstheorien.

 

Bei Interesse melden Sie sich bitte bis 14.06.2021 unter der folgenden email-Adresse an: nadja.meisterhans(at)univie.ac.at. Sie erhalten einen Link mit dem Sie an der Online-Veranstaltung teilnehmen können. Wir freuen uns auf rege Teilnahme!

 

Zum Vortrag

Am 09.03.2015 bewarft Chumani Maxwele die Statue von Cecil Rhodes am Universitätsgelände der University of Cape Town mit Fäkalien und markierte damit die Geburtsstunde der Studierendenbewegung #Rhodes Must Fall und #Fees Must Fall. Die Proteste, welche mit diesem symbolischen Akt des Widerstandes begannen, entwickelten sich zu landesweiten Protesten und bewirkten im Jahr 2017 die Einführung freier tertiärer Bildung für sozioökonomisch benachteiligte Studierende. Der Wurf von Fäkalien auf die Statue drückt auf symbolischer Ebene den Widerstand gegen das koloniale Erbe aus. Rhodes steht für dieses imperiale System einer Siedlerkolonie, welches mit der Entmenschlichung und Ausbeutung der lokalen Bevölkerung einherging. Studierende sehen mit Referenz auf Dekolonialisierung auch im post-Apartheitssystem eine Fortsetzung der traumatischen Geschichte der Diskriminierung der Schwarzen Bevölkerung, welche alle Lebensbereiche und somit die universitäre Bildung umfasst. In ihren Forderungen nach kostenloser tertiärer Bildung, der Entmachtung des universitären Raumes und für die Überwindung von Herrschaftsstrukturen, welche zur Benachteiligung von Schwarzen Studierenden führen, nimmt die Studierendenbewegung von Beginn an eine intersektionale Perspektive ein. Aufgrund dieses Selbstverständnisses wurde die Beteiligung von vermeintlich benachteiligten Studierenden, wie Frauen und LGBTQI*-Aktivist*innen, begrüßt.

 

Jenseits dieses Selbstverständnisses existieren in der Studierendenbewegung unterschiedliche Deutungen von Dekolonialisierung. Diese variierenden Deutungen und ihre Widersprüche in der Herrschaftskritik sollen in dem Vortrag in den Blick genommen werden. Im Verlauf der Proteste gewannen patriarchale Argumente in der Studierendenbewegung Anklang und schränkten die Pluralität der Deutungen von Dekolonialisierung ein, drängten intersektionale Argumente zurück und führten schließlich zum Ausschluss vor allem jener Gruppen, nämlich von radikalen Feminist*innen und LGBTQI*-Aktivist*innen, deren Beteiligung zu Beginn gefördert wurde. Der Artikel analysiert die Entwicklung dieser Machtdynamiken und zeigt die Entstehung von Exklusionsmechanismen beim Streben nach Dekolonialisierung auf. An dieser Stelle wird der theoretisch-konzeptionelle Ansatz des Vortrages deutlich, indem einerseits die Deutungen von Intersektionalität und Dekolonialität herausgearbeitet und andererseits die entstehende Dominanz spezifischer Deutungen und damit verbundene Machstrukturen im Protestverlauf in den Blick genommen werden.

 

Aus der Perspektive einer empirischen, qualitativ durchgeführten, Studie zur Studierendenbewegung seit 2016, analysiert der Vortrag die Ambivalenzen von Herrschaftskritik und von alternativen gegen-hegemonialen Praktiken. Der Vortrag ist Teil der Forschung „Aspiring to Alternative Futures. Lived Utopias in South Africa“.

 

Zur Schwerpunktvorlesung

Vorgestellt werden unterschiedliche Dimensionen der Intersektionalität in transdisziplinärer Perspektive und mit einem geschlechterpolitischen Fokus. In Bezug auf konkrete Themenfelder und regionale Anerkennungskämpfe soll insbesondere das macht- und herrschaftskritische Potential aktueller Intersektionalitätsdebatten herausgearbeitet werden. Die Veranstaltung zielt somit zum einen darauf, die Verwobenheiten und Verdichtungen von verschiedenen sozialen und institutionellen Diskriminierungs- und Ausbeutungsstrukturen zu diskutieren, zum anderen werden Überlegungen angestellt, wie das Konzept der Intersektionalität in der Entwicklungszusammenarbeit und Entwicklungspolitik praktisch umgesetzt werden kann. Es referieren daher verschiedene Expert_innen aus der kritischen Forschung wie auch entwicklungspolitischen Praxis zu den unterschiedlichen Facetten und Dimensionen der Intersektionalität.


Veranstalter

Institut für Internationale Entwicklung


Kontakt

Nadja Meisterhans
Institut für Internationale Entwicklung/Institut für Geschichte
+43-1-4277-64121
nadja.meisterhans@univie.ac.at