Donnerstag, 07. Juni 2018, 18:30 - 20:00 iCal

Medienwissenschaftliches Kolloquium #3

"Psyche ist ausgedehnt", wissen Medien- und Neurowissenschaften davon?

Reinhold Görling: Zur Diskussion über Neuromedialität

tfm | Rotunde | Raum 2H558 (Stiege H, 5. Stock)
Althanstraße 14, 1090 Wien

Vortrag


Zu den letzten überlieferten Äußerungen Freuds gehört die Bemerkung: „Psyche ist ausgedehnt, weiß nichts davon.“ Viele Lektüren dieses Satzes liegen inzwischen vor. Wenn man ihn als Hinweis darauf versteht, dass gerade die primärprozesshaften, die un- und vorbewussten Vorgänge die Gegenwart zeitlich überschreiten und zugleich räumlich verstreut und ökologisch verwoben sind, dann fordert Freud damit dazu auf, eine neue Chronotopologie des Mentalen zu denken. In der Verbindung der Einsichten über die Komplexität neuronaler Vorgänge und ihre weit unterhalb der bewussten Sprachen liegende Sensibilität für innere und äußere Vorgänge einerseits und der Einsichten der Medienwissenschaft über die Intensität jenseits aller Vorgänge der Repräsentation liegender Prozesse der Kommunikation andererseits eröffnet sich ein genuines Forschungsfeld der Neuromedialität.

 

 

Das Medienwissenschaftliche Kolloquium Wien (MKW)

 

Mit dem Medienwissenschaftlichen Kolloquium Wien (MKW) startet im Wintersemester 2017/2018 eine neue Veranstaltungsreihe am TFM, die sich die medienwissenschaftliche Forschungs- und Nachwuchsförderung zur Aufgabe macht. Forschungen über die Kulturgeschichte audiovisueller Medien verfolgen das Ziel, die Geschichte der Medien nicht nur im Hinblick auf technische Innovationen, sondern vor allem unter Berücksichtigung der mit ihnen einhergehenden kulturellen Dynamiken zu untersuchen. Neue Medien lösen alte Medien nicht im technologischen Sinne ab, sondern verändern die Bedingungen von Diskursen, Verhaltens- und Wahrnehmungsweisen, kurz: die kulturellen Dynamiken von Selbst- und Weltverhältnissen. Diese Dynamiken zu reflektieren und dabei eine produktive Skepsis gegenüber allzu bekannten diskursiven Mustern wachzuhalten, ist die zentrale Aufgabe von Medienkulturwissenschaft. Sich mit der Kulturgeschichte audiovisueller Medien auseinander zu setzen bedeutet, stets aufmerksam zu bleiben, für die kulturellen Prozesse, die mit diesen Veränderungen einhergehen: wenn etwa im Zusammenhang neuer Medien von Reizüberflutungen, Irritationen von Wissensordnungen, einer größeren Nähe zur Gegenwart, gesteigerten Partizipationsmöglichkeiten oder einer technischen Ersetzung menschlicher Fähigkeiten gesprochen wird. Denn kaum ein Medium ist nicht mit diesen Attributen bei seiner Einführung versehen worden. Neue Medien verändern nicht nur die Bedingungen von Kultur, sie werden zum zentralen Stichwort jener Diskurse, die kulturelle Veränderung problematisieren. Wenn es um Medien geht, geht es insofern immer auch um die grundlegenden Fragen kultureller Ordnung: Geschlechterdiskurse sind in diesem Zusammenhang von zentraler Bedeutung sowie Vorstellungen von Universalität und Partikularität, von Subjektivität und Kollektivität, von Handlungs-, Wahrnehmungs- und Empfindungsfähigkeit, von Körpern und Maschinen, von künstlichen und ‚echten’ Welten.

 

Das Medienwissenschaftlichen Kolloquium Wien (MKW) richtet sich vor allem an KollegInnen, DoktorandInnen und Masterstudierende des TFM-Instituts und der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät. Die Themenstellungen liegen in den Bereichen Mediengeschichte und Medientheorie und bilden gegenwärtige Diskussionen im Fach ab. Zu den Schwerpunkten zählen mikropolitische Perspektivierungen von Medien, film- und medienübergreifende Gouvernementalitäts- und Affektstudien, Postcolonial, Queer und Gender Studies, medienhistorische Subjekttheorien, alte und neue Materialismen. Medienwissenschaftlich zu denken heißt nicht zuletzt sich mit den Bedingungen der eigenen Forschung auseinanderzusetzen. Mediale Rahmungen von Handlungs- und Denkweisen werden oftmals erst durch den Blick in und den Umgang mit Theorie und Geschichte diskutierbar, ein Blick der darauf abzielt, eigene gegenwärtige Erfahrungen und Wahrnehmungen in kulturelle, politische und historische Zusammenhänge zu stellen.

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Veranstalter

Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft


Kontakt

Klemens Gruber
Stefan Schweigler
01-4277-48405
andrea.seier@univie.ac.at