Dienstag, 23. April 2013, 19:00 - 20:00 iCal

Degrammatikalisierung von Genus?

Referentielle und pragmatische Genuszuweisungen bei Eigennamen

Hörsaal 1
Sensengasse 3a, 1090 Wien

Vortrag


Die Genuszuweisung bei deutschen Substantiven gilt landläufig als weitgehend arbiträr und wenig regelgeleitet, d.h. als ungemein komplex. Köpcke & Zubin haben jedoch in mehreren Arbeiten darauf hingewiesen, dass Genus stärker erschließbar ist (z.B. phonologisch, morphologisch, semantisch) als gemeinhin angenommen. Dennoch bleibt Genus schwierig, zumal man seine Funktion erst jüngst zu verstehen beginnt. In dem Vortrag wird diese Genusdebatte kurz skizziert. Vor allem wird jedoch die Genuszuweisung bei Eigennamen thematisiert, die bisher stark vernachlässigt wurde und die zeigt, dass Genus hier referentielle, ja sogar pragmatische Funktionen erfüllt. So sind z.B. alle Autonamen Maskulina, alle Schiffsnamen Feminina und alle Städtenamen Neutra. Genus erlangt hiermit klassifizierende Funktion, entwickelt sich also in Richtung (semantische) Klassifikatoren. Das pragmatische Genus wird anhand neutraler Frauennamen wie (da)s Rita, (da)s Sabine diskutiert, die in zahlreichen deutschen Dialekten sowie im Luxemburgischen vorkommen. Hier definiert die Genuswahl (Neutrum vs. Femininum) die soziale Relation zwischen Sprecher/in und benannter weiblicher Person. Interessanterweise handelt es sich hier um den einzigen Fall, in dem Genus eine wählbare Kategorie ist. Möglicherweise handelt es sich um einen Fall von Degrammatikalisierung.

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Veranstalter

Wiener Sprachgesellschaft


Kontakt

Hans Christian Luschützky
Wiener Sprachgesellschaft
41762
hans.christian.luschuetzky@univie.ac.at