Mittwoch, 09. Dezember 2020, 18:30 - 20:00 iCal

Ringvorlesung Turkologie WiSe 2020/21

„...ein Feind Josef von Hammers“ – Habsburgisch-osmanische Beziehungsgeschichten

Institut für Orientalistik
Spitalgasse 2, Hof 4.1 (Campus), 1090 Wien

Hybrider Event (an einem physischen Ort und online)


Zsuzsa Barbarics-Hermanik (Graz)

Habsburgisch-osmanische Beziehungsgeschichte im Spiegel des Wirkens eines osmanischen Gelehrten und Diplomaten in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts

 

Der Vortrag widmet sich einer Epoche der habsburgisch-osmanischen Beziehungen, die in beiden Reichen eine Transformationszeit darstellte. Die Periode nach dem Frieden von Karlowitz (1699) bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts gilt in der Geschichte der Habsburgermonarchie als eine Zeit, die den Weg zur Großmachtstellung des Hauses Österreich im südosteuropäischen Raum ebnete. Die Eroberung der nördlichsten Provinz und einer der wichtigsten haracgüzar-Staaten des Osmanischen Reiches brachte für die Habsburger nicht nur einen Prestigezuwachs, sondern die Habsburgermonarchie erreichte dadurch ihre bisher größte territoriale Ausdehnung. Das Osmanische Reich hingegen musste nun zum ersten Mal erhebliche territoriale Verluste hinnehmen und stimmte einer genauen Festlegung seiner Grenzen zur Habsburgermonarchie zu.

Welche Auswirkungen hatte diese Verschiebung der Machtverhältnisse auf die Beziehungen und die Kommunikation der beiden Reiche? Diese Frage wird aus der Perspektive eines osmanischen Gelehrten und Diplomaten beleuchtet: İbrahim Müteferrika gestaltete nämlich in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts die osmanische Außenpolitik aktiv mit. Seine diplomatischen Missionen konzentrierten sich v.a. auf das Konfliktmanagement mit der Habsburgermonarchie, in deren Hauptstadt er einmal nachweislich beinahe vier Monate verweilte. Er spielte bei der Etablierung der ersten ständigen diplomatischen Vertretung des Osmanischen Reiches in Wien ebenfalls eine wesentliche Rolle und fungierte in vielfacher Hinsicht als transkultureller Vermittler zwischen den beiden Reichen, was auch seine gedruckten Bücher und seine Stellung in den Gelehrtennetzwerken widerspiegeln.

 

Bio

Zsuzsa Barbarics-Hermanik ist Universitätsassistentin am Institut für Geschichte der Universität Graz. Sie studierte Geschichte mit Fokus osmanischer Geschichte sowie Germanische Literatur- und Sprachwissenschaft an den Universität Pécs und promovierte im Fach Geschichte an der Universität Graz. Vor ihrer Forschungs- und Lehrtätigkeit in Graz war sie Universitätsassistentin am Lehrstuhl für Geschichte des Mittelalters und der Frühen Neuzeit der Universität Pécs.

Sie befasst sich mit der Kultur-, Kommunikations-, und Wissenschaftsgeschichte des zentral- und südosteuropäischen Raumes im 15.-18. Jahrhundert, wobei ihr Fokus geographisch auf den osmanischen Territorien und den osmanisch-habsburgisch-venezianischen Kontaktzonen liegt. Ihre bisherigen Publikationen gingen aus diesen Bereichen hervor, wobei der Erforschung des Kommunikationssystems der sog. handschriftlichen Zeitungen, der Etablierung des Druckwesens in und der Buchproduktion für diesen Raum im 15.-18. Jahrhundert, sowie der Untersuchung der Merkmale der ʽTürkenbilderʼ und des ʽTürkengedächtnissesʼ in Zentral- und Südosteuropa und derer Instrumentalisierung im 19.-21. Jahrhundert besondere Aufmerksamkeit gewidmet wurde.

Sie leitet zurzeit auch ein von der Fritz-Thyssen-Stiftung finanziertes Forschungsprojekt mit dem Titel „Die europäische Gelehrtenrepublik und das Osmanische Reich: Wissenstransfer und Netzwerke des Wissens im Zeitalter der Aufklärung“, worauf sich ihre aktuelle Forschungstätigkeit konzentriert.

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Veranstalter

Institut für Orientalistik


Kontakt

Ayse Dilsiz Hartmuth
Institut für Orientalistik
43-1-4277-43451
ayse.dilsiz@univie.ac.at