Mittwoch, 22. Mai 2019, 18:30 - 20:00 iCal

Geschichte am Mittwoch

Stefano Saracino (Erfurt/München): Griechisch-orthodoxe Almosenfahrer aus dem Osmanischen Reich im Heiligen Römischen Reich

Jour fixe des Instituts für die Erforschung der Frühen Neuzeit in Kooperation mit Geschichte am Mittwoch

Hörsaal 30 (HS) im Hauptgebäude der Universität Wien
Universitätsring 1, 1010 Wien

Vortrag


So wie ein Priester keine Mühe scheuen dürfe, um nicht eine einzige Seele aus seiner Gemeinde zu verlieren, ebenso müsse der Almosensammler jede Sorge dafür tragen, dass ihm kein Heller entgehe, so schreibt der poetisch veranlagte Mönch vom Athos-Kloster Xiropotamou Kaisarios Dapontes in seinem Versepos Kipos Chariton (1768) (s. Kap. 12, Vers 33f.). Dapontes führte für sein Kloster im Rahmen einer institutionalisierten Form, die im ostorthodoxen Kirchenvokabular als zeteia bezeichnet wurde, Spendensammlungen im Osmanischen Reich und in den Fürstentümern der Moldau und Walachei durch. Verstreute Quellenbestände dokumentieren aber die Anwesenheit solcher Almosensammler auch in den Territorien des Heiligen Römischen Reichs; besonders ergiebig sind etwa die Diarien des Tübinger Gräzisten Martin Crusius (1526‒1607) und die im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv erhaltenen Suppliken solcher Migranten. Für den Zeitraum vom späten 16. bis späten 18. Jahrhundert lassen sich an die 100 Personen dokumentieren. Gegenstand des Vortrages sind die Merkmale des von Almosenfahrern geschaffenen Migrationsregimes. Neben den Eigenschaften einer hochgradigen und weiträumigen Mobilität wiederholen sich bestimmte Typen (klerikales Fundraising, „Ranzionsholer“, exilierte Adelige, Glaubensflüchtlinge). Auch Interaktionen und Konflikte mit den Einwanderungsgesellschaften, im Extremfall wegen Hochstapelei, sollen thematisiert werden.

Moderation: Stephan Steiner

 

Zum Vortragenden:

Dr. Stefano Saracino ist derzeit Stipendiat der Gerda-Henkel-Stiftung. 2014-2018 wissenschaftlicher Mitarbeiter im FWF-Projekt „Soziales Engagement in den Wiener griechischen Gemeinden“ (Uni Wien), 2017 Gastprofessor am Graduiertenkolleg „Interkonfessionalität“ (Uni Hamburg), 2018 Stipendiat an den Franckeschen Stiftungen zu Halle. Dissertation zum Thema „Tyrannis und Tyrannenmord bei Machiavelli“ (München 2011). Habilitation zum Thema „Griechisch-Orthodoxe Migranten aus dem Osmanischen Reich im Heiligen Römischen Reich“ (in Vorbereitung).

 

 

 


Veranstalter

Institut für Geschichte


Kontakt

Martina Fuchs
Institut für Geschichte
+43-1-4277-40801
martina.fuchs@univie.ac.at