Montag, 15. Mai 2017, 17:15 - 19:00 iCal

212. Institutsseminar, Dr. Klara Hübner

Wie man den Ruf eines Königs zerstört. Propaganda, Prozessrecht und politische Öffentlichkeiten zur Zeit Wenzels IV.

Hörsaal des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung
Universitätsring 1, 1010 Wien

Seminar, Workshop, Kurs


Beim Herrschaftsantritt Wenzels IV. (1361–1419) im Jahre 1378 war allen klar, dass es der römische und böhmische König nicht leicht haben würde. Nicht nur, dass das Handeln des ältesten Sohnes Kaiser Karls IV. von Beginn an im Schatten der erfolgreichen Politik und Selbstinszenierung des berühmten Luxemburgers stand. Er bekam nicht nur ihre dunklen Seiten ab, sondern auch zeitspezifische Probleme wie Schisma und Reformbewegungen, politischen Druck aus dem Reich und aus Frankreich, Autonomiebestrebungen der Städtebünde oder den steten Ruf der böhmischen Herren nach mehr Mitsprache. Bekanntlich machte Wenzel bei all dem keine besonders gute Figur. Im Jahr 1400 gelang es einer von geistlichen Reichsfürsten angeführten Koalition, ihn als römischen König abzusetzen. Seither ist Wenzels Bewertung in der deutschsprachigen Historiographie überwiegend negativ. Argumentiert wird dabei allerdings nicht nur mit Fakten, sondern häufig mit obskuren Motiven aus Wenzels Schwarzer Legende. Letztere hängt nicht nur mit Wenzels zeitgenössischer Unbeliebtheit zusammen, sondern ist das Ergebnis gezielter Informationsmanipulation durch seine Gegner. Diesen gelang es nicht nur, sich immer wieder die Deutungshoheit über das Handeln des Königs zu sichern, sondern auch ihre Interpretation der Ereignisse zu verbreiten. Wie stark Propaganda auf die politische Praxis in Wenzels Zeitalter eingewirkt hat, lässt sich etwa an der Vorbereitung seiner Absetzung am 20. August 1400 darlegen: Um letztlich den Erfolg der kurfürstlichen Allianz zu garantieren, bedurfte es nicht nur eines jahrelangen Informationsaustausches zwischen seinen Gegnern im Reich und in Böhmen, sondern auch der Überzeugung einer breiteren politischen Öffentlichkeit. Hierbei kamen unterschiedlichste Mittel zum Einsatz, so etwa anonyme Pamphlete, allerdings auch das kanonische Prozessrecht und nicht zuletzt der Faktor Zeit – denn die fama eines Königs ließ sich nur durch das stete Wiederholen der immer gleichen Vorwürfe schädigen.


Veranstalter

Institut für Österreichische Geschichtsforschung


Kontakt

Stefanie Gruber
Institut für Österreichische Geschichtsforschung
27206
stefanie.gruber@univie.ac.at