Donnerstag, 19. Januar 2017, 12:00 - 14:00 iCal
INTERAKTIONEN - Margit Berner
Vermessen, fotografiert, ermordet. Letzte Fotografien polnischer Juden im Naturhistorischen Museum
Seminarraum 1, Institut für Zeitgeschichte
Spitalgasse 2-4/Hof 1, Tür 1.13, 1090 Wien
Vortrag
Die Anthropologische Abteilung des Naturhistorischen Museums Wien verwahrt die Fotografien von 565 Männern, Frauen und Kindern. Die standardisierten, hart ausgeleuchteten und durchnummerierten Fotografien zeigen 106 Familien, die als „typisch ostjüdisch“ galten, und deshalb im März 1942 anthropologisch untersucht wurden. Das geschah im Ghetto der westgalizischen Stadt Tarnów unter extremem Zwang und mit den üblichen Methoden des Faches. Fast alle auf den Fotos abgebildeten Menschen wurden wenig später ermordet. Die Vermessungsaktion war das gemeinsame Projekt zweier junger Wissenschaftlerinnen vom Anthropologischen Institut in Wien und von der Sektion Rassen- und Volkstumsforschung des Instituts für Deutsche Ostarbeit in Krakau.
Der Vortrag führt die detaillierten biografischen Informationen aus der anthropologisch-rassenbiologischen Erfassung mit Spuren aus verschiedenen Archiven zusammen, insbesondere solchen, die in Jerusalem und Washington zu finden waren. Auf diese Weise kann das Schicksal sichtbar gemacht werden, das jüdische Familien in Tarnów während des Holocaust erlitten. Deren Leben, gewaltsames Sterben und ausnahmsweises Überleben steht beispielhaft für die Verfolgung und Ermordung von zwei Millionen polnischen Juden.
Margit Berner ist Wissenschaftlerin und Kuratorin an der Anthropologischen Abteilung des Naturhistorischen Museums Wien und Lehrbeauftragte am Department of Anthropology, Universität Wien. Sie forscht und publiziert auf dem Feld der physischen Anthropologie, untersucht Skelettreste anhand demographischer, biomechanischer und paläopathologischer Fragestellungen. Zudem befasst sie sich seit langem mit der Geschichte ihres Faches, der Museologie und mit den ethischen Aspekten musealen Sammelns. In all diesen Kontexten beteiligt sie sich an nationalen und internationalen Projekten und Ausstellungen.
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Veranstalter
INTERAKTIONEN / Institut für Zeitgeschichte
Kontakt
Marianne Ertl
Institut für Zeitgeschichte
4277-41202
marianne.ertl@univie.ac.at
Erstellt am Mittwoch, 11. Januar 2017, 14:16
Letzte Änderung am Montag, 16. Januar 2017, 14:29