Donnerstag, 23. April 2015, 18:00 - 20:00 iCal

Psychische Probleme in China

Familiendynamische Analyse und psychotherapeutische Intervention

Öffentlicher Vortrag von Professor Dr. ZHAO Xudong,

Professor für Psychiatrie und Medizinische Psychologie an der School of Medicine der Tongji Universität in Shanghai, Vorstand der Division of Medical Humanities & Behavioral Sciences an der School of Medicine of Tongji University und Chefarzt der Abteilung für Psychosomatische Medizin am Shanghai East Hospital

Sky Lounge im Gebäude der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften und Mathematik, Dachgeschoss
Oskar-Morgenstern Platz 1, 1090 Wien

Vortrag


Die Familie stellt einen zentralen Wert im konfuzianischen Denken dar. Sie ist die wichtigste Richtschnur, an der Chinesen ihr Verhalten im Alltag orientieren. In den vergangenen Jahrzehnten haben chinesische Familien andauernd vielfältige und radikale Umbrüche erlebt. Zum Beispiel, nach 1949 wurde das traditionelle Familiensystem zerschlagen, die viel kleinere Kernfamilie wurde zur typischen Familienform, und seit 1978 wurde die „Ein-Kind-Politik“ durchgeführt, so daß die sogenannte ‚4-2-1 Familienform‘ aufgetreten ist. Man hat bis heute noch keine neuen idealen Normen von Familienleben gefunden, während viele Familien mit psychischen Problemen ratlos konfrontiert werden.

Familientherapie ist jedoch etwas relativ Neues für das alte Land. Sie ist 1988 von Helm Stierlin und Fritz B. Simon durch ein deutsch-chinesisches Ausbildungsprojekt für Psychotherapie dort eingeführt worden. Heute ist Familientherapie in vielen Provinzen eine der beliebtesten und wichtigsten staatlich zugelassenen Formen der Psychotherapie in Krankenhäusern, finanziert durch die Krankenkassen, was in vielen anderen entwickelten Ländern so nicht der Fall ist. Mehr und mehr Menschen kennen diese Form der Psychotherapie. Viele Fälle werden erfolgreich mit Familientherapie behandelt – vor allem psychologische Probleme von Kindern und Jugendlichen sowie Depressionen, Neurosen und psychosomatische Störungen von Erwachsenen. Psychologische Störungen bei Kindern und Jugendlichen sind in China weit verbreitet. Depression, Angststörungen, Tics, Schulprobleme, Essstörungen und andere emotionale und Verhaltensstörungen werden bei unter 18-Jährigen oft diagnostiziert. Diese Probleme hängen eng mit der „Ein-Kind-Politik“ seit gut dreißig Jahren zusammen. Neben klinischen Anwendungen sind die Konzepte und Methoden der Familientherapie in China auch in anderen Feldern wie Erziehung, Sozialarbeit, Justiz und Personalentwicklung angewandt worden.

Familientherapie ist inzwischen ein gut eingeführter und adaptierter, nützlicher und viel genutzter psychotherapeutischer Ansatz in China. Sie “passt” zu den zunehmenden Beratungsbedürfnissen der Chinesen und auch zur chinesischen Kultur, teilt sie doch mit ihr einige gemeinsame philosophischen Wurzeln.

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Veranstalter

Sinologie am Institut für Ostasienwissenschaften und das Konfuzius-Institut an der Universität Wien


Kontakt

Sascha Klotzbücher
Institut für Ostasienwissenschaften
Sinologie
+43-1-4277-43840
sascha.klotzbuecher@univie.ac.at