Dienstag, 24. März 2015, 18:00 - 20:00 iCal

Was tun wenns denkt?

Normierungen und Standardisierungen in den Hirnbildern der funktionellen Magnetresonanztomographie

Dr.in Hannah Fitsch

Hörsaal B, Campus der Universität Wien, Hof 2.10
Spitalgasse 2-4, 1090 Wien

Vortrag


Die Hirnbilder der funktionellen Magnetresonanztomographie sind keine Fotographien oder Abbildungen des Gehirns, sondern bringen das Phänomen eines "denkenden Organs" durch eine bestimmte Abfolge von Apparaturen und Standardisierungen erst hervor.

Ausgehend von der Frage, was in den fMRT-Bildern sichtbar und somit sagbar gemacht wird, soll in dem Vortrag den visuellen Logiken in den Apparaturen der funktionellen Bildgebung nachgegangen werden. Die Apparaturen der funktionellen Magnetresonanztomographie transformieren – so das erkenntnistheoretische Argument des Vortrags – den Ko?rper in ein visuelles Pha?nomen. Der Transformationsprozess basiert dabei auf verschiedenen Standardisierungsvorga?ngen, denen das menschliche Gehirn zum Zweck der Vermessung unterzogen wird. Der lange und komplexe Weg der Sichtbarmachung eines vormals unsichtbaren Pha?nomens hin zum fMRT-Bild und sein spezifischer Status im Labor werden dabei kritisch untersucht. Hirnbilder sind, anders als z.B. Röntgenbilder, errechnete Bilder und gehören zu einer neuen Generation von medizinischen und naturwissenschaftlichen Sichtbarmachungen mit deren Hilfe Wissen über unsere Körper generiert wird. Die verschiedenen Ebenen der Standardisierung, Objektivierung und statistischen Auswertung führen zu einer Vermessung unseres Denkorgans, deren Vorgänge wiederum zu einer normierenden Verankerung statistischer Zahlenwerte im Hirnraum und damit zu einer biopolitische Diskursivierung und Rebiologisierung menschlichen Verhaltens beitragen.

Hirnbilder rekurrieren auf eine spezifische Ästhetik der Lokalisation menschlicher Hirnfunktionen. Beim Versuch eine komplette 'Karte' des menschlichen Gehirns anzulegen, wird in einigen Studien immer wieder auch auf die vermeintlichen Unterschiede von männlichen und weiblichen Gehirnen verwiesen. Diese lassen sich in ästhetischen Urteilen über die Größe des Gehirns oder die Gleichmäßigkeit der Anordnung beider Hirnhemisphären finden. Aber auch auf funktioneller Ebene werden scheinbar immer wieder Unterschiede zwischen Männern und Frauen festgestellt. In dem Vortrag soll es vor allem darum gehen, aufzuzeigen, warum die funktionelle Bildgebung auf die Etablierung eines Normgehirns angewiesen ist und warum die Methode und seine Apparaturen vor allem der Logik des Unterschieds und der Abweichung vom Normgehirn folgen.

Hannah Fitsch, Dr., hat Soziologie, Visuelle Medien und Biopsychologie in Frankfurt/M studiert. Ihre Promotion „Just to give you a picture über Sicht- und Sagbarkeiten in der funktionellen Magnetresonanztomographie“ hat sie an der TU Berlin absolviert (erschienen unter dem Titel Dem Gehirn beim Denken zusehen?, trancript). Seit 2012 arbeitet sie als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung der HU Berlin. Forschungsschwerpunkte sind Science and Technology Studies mit Schwerpunkt auf Neuroscience, Bildwissen/Bildpraktiken, (politische) Ästhetik und Feministische Theorie. Hanna Fitsch ist Mitglied des NeuroGenderingsnetzwerkes und wird ab Oktober diesen Jahres im BMBF geförderten Projekt GENDER TECHNIK MUSEUM Genderfragen in Museen nachgehen.

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Veranstalter

Referat Genderforschung der Universität Wien


Kontakt

Sushila Mesquita
Referat Genderforschung
4277-18455
sushila.mesquita@univie.ac.at