Dienstag, 07. November 2023, 18:30 - 20:00 iCal

Islamischer Feminismus

Die Quadratur des Kreises?
Liselotte Abid


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Vortrag


Abstract: Ist es möglich, im Rahmen einer meist als patriarchal etikettierten Religion wie dem Islam Feminismus zu entwickeln? Wie und in welchem Rahmen kann das geschehen? Und was bedeutet Muslim:innen der Begriff Feminismus?

Gewiss ist „islamischer Feminismus“ kein einheitliches Ideen-Gebäude oder gar Konzept. Ebenso wie es im globalen Feminismus verschiedene Strömungen gibt und die Entwicklung nicht abgeschlossen ist, so ist auch im entsprechenden muslimischen Bereich vieles in ständiger Bewegung. Für manche Feminist:innen ist es strittig, ob es im Rahmen des Islam überhaupt Feminismen geben kann, und auch unter Muslim:innen gibt es zwischen feministischen Forderungen und der Ablehnung feministischer Konzepte eine große Bandbreite.

Ansätze der Frauenrechtsbewegung reichen in manchen mehrheitlich muslimischen Ländern rund 150 Jahre zurück; sie entwickelten sich vor dem Hintergrund von antikolonialen und nationalistischen Bewegungen und einer beginnenden Säkularisierung. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts beriefen sich muslimische Frauenaktivistinnen zunehmend auf den Islam und dessen frühe Geschichte, um islamische Frauenrechte herauszuarbeiten, die in den patriarchalen Gesellschaften völlig verdrängt worden waren.

Eine islamisch-feministische Theoriebildung entwickelte sich erst seit den letzten Dekaden des 20. Jh. zunächst hauptsächlich im theologischen Bereich. Hingegen wurden und werden die Debatten zu den Gender-relevanten sozialen Fragen im Bereich der islamischen Jurisprudenz und den abgeleiteten Rechtsvorschriften geführt. In diesen intersektionalen Aushandlungsprozessen und Protestbewegungen entstand das Bewusstsein, dass Geschlechtergerechtigkeit nur durch ein neues, hermeneutisches Verständnis und frauengerechte Lesarten des Koran und der kritischen Re-Evaluierung von Überlieferungen zu erreichen sei und zu tiefgreifenden, auch rechtlich abgesicherten Reformen der Geschlechterverhältnisse führen müsse.

Die sog. “islamische Welt” – die mehrheitlich muslimischen Länder und vom Islam geprägten Kulturen von Marokko bis Südost-Asien – bieten hier viele Überraschungen, wobei – last not least – die muslimische Diaspora in der westlichen Hemisphäre kräftig mitmischt. Islamischer Feminismus ist eine spannende „Melange“!

 

Liselotte Abid, geb. in Niederösterreich. Mag. phil., Dr. phil., Studium der Publizistik und Orientalistik an der Universität Wien. Seit 1993 freie Journalistin (ORF-Hörfunk, div.Printmedien), 2002 – 2020 Lehrbeauftragte an der Universität Wien; Gastvorlesungen an mehreren Universitäten. Schwerpunkte der journalistischen und wissenschaftlichen Arbeit: Frauen und Frauenrechte im Islam und in mehrheitlich muslimischen Ländern, islamischer Feminismus, das Verhältnis des Islam zu Menschenrechten und Demokratie sowie die Situation von Muslim:nnen in Europa.

 

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Veranstalter

Referat Genderforschung der Universität Wien


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Kontakt

Dorith Weber
Referat Genderforschung
01/4277/18452
dorith.weber@univie.ac.at