Freitag, 18. September 2015, 09:00 - 22:30 iCal

Bildungsreform als Thema der Bildungsgeschichte

Tagung der Sektion Historische Bildungsforschung in der DGfE

HS B, Aula und Alte Kapelle am Campus der Universität Wien
Spitalgasse 2-4 / Hof 1.11, 1090 Wien

Tagung, Konferenz, Kongress, Symposium


Weitere Termine

Donnerstag, 17. September 2015, 09:00 - 20:30

Samstag, 19. September 2015, 09:00 - 14:00

„Everything has been said before, but since nobody listens, we have to keep going back and begin again“. Dieses Zitat von André Gide stellte Larry Cuban seinem 1990 im ‚Educational Researcher‘ veröffentlichten Artikel „Reforming Again, Again, and Again“ voran, in dem er sich mit der ständigen Wiederkehr von Bildungsreformen in der amerikanischen Bildungsgeschichte auseinandersetzte und einen hypothetischen Erklärungsansatz dafür entwickelte. Gides Zitat scheint den öffentlichen Diskurs über Bildungsreformen und die Lage der historischen Bildungsforschung auch 25 Jahre später noch treffend zu beschreiben. Bildungsreformen werden angesichts wahrgenommener gesellschaftlicher Missstände oder nach Feststellung von tatsächlichen oder vermeintlichen Gebrechen des Bil-dungssystems im öffentlichen Diskurs mit Nachdruck gefordert. Aktuell in Planung oder Umsetzung befindliche Reformen sind Gegenstand tagespolitischer Auseinandersetzungen.

Vergangene Bildungsreformen gehören zu den zentralen Forschungsgegenständen der historischen Bildungsforschung. Die Geschichte von Bildungsreformen, Reformversuchen, Reformdiskursen und Reformkritik, Erfolgsgeschichten von Reformen oder Rekonstruktionen ihres Scheiterns und seiner Gründe nehmen dort breiten Raum ein. Angesichts dessen könnte man erwarten, dass im Zusammenhang mit Bildungsreformen die Expertise von Bildungshistorikerinnen und -historikern gefragt ist. Das trifft aber nicht zu: In der gesellschaftlichen Debatte über Bildungsreformen tritt Geschichte, so sie überhaupt eine Rolle spielt, entweder im Gesicht einer Verfallsgeschichte als angeblich bessere alte Zeit auf, oder wahrgenommene Missstände im Bildungssystem werden als zu überwindende Relikte der Vergangenheit dargestellt. Die Geschichte früherer Bildungsreformen spielt in dieser Debatte keine Rolle. Ähnliches gilt für den wissenschaftlichen Diskurs: Gegenüber den Deutungsangeboten der empirischen Bildungsforschung, der Bildungspsychologie oder der Hirnforschung spielt das Wissen der historischen Bildungsforschung über Bildungsreformen eine marginale Rolle.

Welche spezifischen Erfahrungen aber kann die historische Bildungsforschung heute in aktuelle Bildungsreformdebatten einbringen? Das Tagungsthema soll dazu einladen, das Wissen der historischen Bildungsforschung über Bildungsreformen zu bilanzieren. Gibt es einen gesicherten Wissensbestand dazu, in welcher Hinsicht? Wo hat sich der Wissensstand gerade durch die Forschungsergebnisse der jüngsten Zeit erweitert? Welche Desiderate und offene Fragen lassen sich aus heutiger Sicht ausmachen?

Folgende Themenbereiche sollen auf der Tagung aufgegriffen werden:

• Bildungsreformen als Agenda der Politik

• Schulreformen

• Universitätsreformen

• Bildungsreformen in anderen Bereichen (z.B. Erwachsenenbildung, Sozialpädagogik, Bil-dungsreform als Lebensreform)

• Bildungsreformdiskurse (und ihr Zusammenhang mit der Realgeschichte von Bildungsreformen)

Wir laden zu Beiträgen ein, die diese Fragen anhand konkreter historischer Epochen und Reformpro-jekte erörtern, aber auch dazu, langfristigere Entwicklungen im Sinne einer longue durée-Perspektive in den Blick zu nehmen oder sich in synoptischer Weise mit Bildungsreformen als historischem Phänomen auseinanderzusetzen. Um eine Engführung auf „klassische“ Räume und Epochen zu vermeiden, wollen wir auch zu Beiträgen anregen, die Bildungsreformen in internationaler Perspektive oder nationale Bildungsreformen außerhalb der deutschsprachigen Staaten thematisieren, sowie zu Beiträgen zu vormodernen Bildungsreformen.

Nicht zuletzt wünschen wir uns Beiträge, die sich mit der Frage auseinandersetzen, ob die historische Bildungsforschung Lehren über Bildungsreformen anbieten kann und welche Lehren das sein könnten, sowie Beiträge, welche die Frage nach der Rezeption von Deutungsangeboten der historischen Bildungsforschung sowohl im allgemein-öffentlichen als auch im wissenschaftlichen Bildungsreform-diskurs aufwerfen. Dieser Fragenkomplex lässt sich nochmals mit Blick auf die Geschichte der eigenen Historiografie wenden: Wie haben sich Deutungsmuster und Deutungsangebote der Bildungsgeschichte zum Thema ‚Bildungsreform‘ selbst gewandelt, und welche Formen der Verwen-dung/Würdigung/Instrumentalisierung historischen Wissens über Bildungsreformen lassen sich in der Bildungsgeschichte identifizieren?

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Veranstalter

Institut für Bildungswissenschaft; Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft; Sektion Historische Bildungsforschung in der DGfE


Um Anmeldung wird gebeten


Kosten

55 € bei Anmeldung vor Ort. Registrierung für noch nicht angemeldete Teiln. ab 17.9., 9:15 möglich. Frist zur Vorabregistrierung ist agelaufen.

Kontakt

Wilfried Göttlicher
Institut für Bildungswissenschaft
Abteilung Schule Bildung und Gesellschaft
43(1)4277-46754
wilfried.goettlicher@univie.ac.at