Dienstag, 03. Dezember 2013, 18:00 - 20:00 iCal

Doris Allhutter: 'Materiality at work':

Materielle Praktiken, Affekte und Erinnerung

Hörsaal B, Campus der Universität Wien, Hof 2
Spitalgasse 2-4, 1090 Wien

Vortrag


Arbeitsprozesse können als materiell-diskursive Praktiken verstanden werden, in denen hegemoniale gesellschaftliche Diskurse, polit-ökonomische Strukturen und Objekte/Materialitäten zusammenwirken. In der Performativität dieses Zusammenwirkens manifestiert sich einerseits die Art und Weise, wie sich Macht- und Herrschaftsverhältnisse reproduzieren. Andererseits eröffnet ein Sichtbarmachen dieser verschränkten Handlungsmächtigkeiten (agencies), die Möglichkeit, Räume für subversive Interventionen in machterhaltende materiell-diskursive Phänomene und Strukturen zu eröffnen. Aus feministischer Perspektive ist dabei ein Fokus auf die (Wieder-)Herstellung von Differenzen in alltäglichen Arbeitspraktiken zentral. Als produktiv erweist es sich außerdem, Arbeitspraktiken als Prozesse zu begreifen, in denen subjektive und kollektive Erfahrungen und Erinnerungen gemeinsam mit strukturellen und materiellen Begegnungen (auch) affektiv entstehen und wirksam werden. In einer solchen prozesshaften Sichtweise verschmelzen individuelle Selbstverständnisse und kollektive Subjektivität mit Ideologien, ökonomischen Strukturen und Materialisierungen (z.B. von verkörpertem Wissen, von Orientierungen im Sinne Ahmeds, von Objekten oder anderen materiellen Phänomenen).

Anhand von Beispielen aus der Technikentwicklung möchte ich erklären, wie Arbeitsprozesse ideologisch eingebettet, materiell artikuliert und implizit durch gesellschaftliche Diskurse informiert sind. Konkret beschreibe ich die Entwicklung von Informationssystemen als ein Set von kollektiven materiell-diskursiven Arbeitspraktiken, die soziale Kategorien wie Geschlecht, Klasse und dis/ability sowie damit zusammenhängende Subjektivitäten, Praktiken und Machtverhältnisse re-konfigurieren. Daraus ergibt sich auch die Frage, wie eine Beschäftigung mit diesen Relationalitäten alternative Wege der Ko-Emergenz von Gesellschaft und Technologie oder des ‚becoming-with technologies‘ denken lässt.

Doris Allhutter ist Wissenschafts- und Technikforscherin und beschäftigt sich mit der Frage, wie gesellschaftliche Hegemonien und damit auch Geschlechterdichotomien in Arbeits- und Technikentwicklungsprozessen reproduziert werden. 2011 war sie für einen Forschungsaufenthalt am Centre for Science Studies der Lancaster University. 2013 war sie als Austrian Marshall Plan Stipendiatin an der University of California, Berkeley. Für ihr aktuelles Projekt "Materiell-diskursive Performativität im Software Design“ erhielt sie eine vierjährige Senior Postdoc Stelle im Rahmen des Elise Richter Programms des Wissenschaftsfonds (FWF)


Veranstalter

Referat Genderforschung


Kontakt

Sushila Mesquita
Referat Genderforschung
4277-18455
sushila.mesquita@univie.ac.at