Dienstag, 22. Oktober 2013, 18:00 - 20:00 iCal
Corinna Bath: Interferenz als Metapher
Wie lässt sich Geschlecht und Technik verantwortungsvoll ko-konstruieren?
Hörsaal B, Campus der Universität Wien, Hof 2
Spitalgasse 2-4, 1090 Wien
Vortrag
Interferenz bezeichnet das physikalische Phänomen der Überlagerung von Wellen, die sich an bestimmten Stellen verstärken oder aufheben. Es bilden sich Interferenzmuster, in denen Unerwartetes sichtbar werden und scheinbar Selbstverständliches verschwinden kann. Karen Barad hat diesen Begriff im Anschluss an Donna Haraway aufgegriffen, um eine Prozesshaftigkeit von Sein- und Wissensformen zu denken, die weder nach Logiken der Ausschließung oder Ermächtigung funktioniert, noch Vorstellungen fester Identitäten bedient. Ihre Verknüpfung mit quantentheoretischen Überlegungen, insbesondere der Philosophie Nils Bohrs, ermöglicht darüber hinaus, wissenschafts- und erkenntnistheoretische Probleme aus einer geschlechterkritischen Perspektive zu bearbeiten und Fragen der Verantwortung als Wissenschaftler_in bzw. Ingenieur_in zu diskutieren. Damit erweist sich Interferenz als Metapher für viele Felder der geschlechterwissenschaftlichen Untersuchung als geeignet.
Im Vortrag möchte ich speziell die feministischen Technoscience Studies adressieren, die in besonderer Weise damit beschäftigt sind, zwischen Technischem und Sozialem, zwischen Materialem und Diskursivem zu vermitteln und übersetzen. Ziel ist es, die Produktivität des Konzepts der Interferenz für eine verantwortungsvolle Ko-Konstruktion von Technik und Geschlecht in den Ingenieurwissenschaften aufzuzeigen. Wenn Wissen nicht Repräsentation von Welt, sondern ihr machtdurchzogenes Schaffen bedeutet, so fordern ‚Interferenzen’ eine radikal symmetrische Interdisziplinarität als Praxis ein. Dies möchte ich anhand von Beispielen aus dem Bereich Semantic Web/Linked Open Data, aber auch aus dem Maschinenbau verdeutlichen und dafür das Konzept interferenter Gestaltung von Technik und Geschlecht (‚diffractive design‘) einführen.
Prof.in Dr.in Ing.in Corinna Bath hat seit Dezember 2012 die Maria-Goeppert-Mayer-Professur „Gender, Technik und Mobilität“ an der Fakultät für Maschinenbau der Technischen Universität Braunschweig und an der Fakultät Maschinenbau der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften inne. Sie hat Mathematik, Informatik und politische Wissenschaften in Berlin und Kiel studiert und promovierte 2009 zur feministischen Technikgestaltung in der Informatik an der Universität Bremen. Sie war Postdoktorandin am DFG-Graduiertenkolleg „Geschlecht als Wissenskategorie“ an der Humboldt-Universität zu Berlin und arbeitete in verschiedenen Projekten der Geschlechter-Technik-Forschung, u.a. in Wien, Graz und Lancaster. Zuletzt war sie als Gastprofessorin für das Zertifikatstudium GENDER PRO MINT am Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung der Technischen Universität Berlin tätig. Aktuelle Veröffentlichung: Corinna Bath, Hanna Meißner, Stephan Trinkaus, Susanne Völker (2013): Geschlechter Interferenzen. Wissensformen – Subjektivierungsweisen – Materialisierungen. LIT-Verlag: Münster
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Veranstalter
Kontakt
Sushila Mesquita
Referat Genderforschung
4277-18455
sushila.mesquita@univie.ac.at
Erstellt am Mittwoch, 02. Oktober 2013, 16:24
Letzte Änderung am Donnerstag, 03. Oktober 2013, 06:57