Freitag, 07. Juni 2013, 08:30 - 20:00 iCal

Symposium Un-Wohl-Gefühle

Eine Kulturanalyse gegenwärtiger Befindlichkeiten

Wiener Psychoanalytische Akademie
Salzgries 16, 1010 Wien

Tagung, Konferenz, Kongress, Symposium


Weitere Termine

Samstag, 08. Juni 2013, 09:30 - 19:00

un-wohl-gefuehle.univie.ac.at

Eine Kulturanalyse gegenwärtiger Befindlichkeiten. Eine Kooperation von Imagine. Verein für Kulturanalyse, dem Institut für Wissenschaft und Kunst, der Sektion Gesundheits- und Medizinsoziologie der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie und der Wiener Psychoanalytischen Akademie

Gegenwärtige westliche Gesellschaften sind hinsichtlich ihrer Befindlichkeiten von einem (scheinbaren) Paradoxon gekennzeichnet: Einem gesellschaftlichen Imperativ auf Wohlgefühle korrespondiert eine alarmierende Zunahme an psychischen Leidenszuständen. So ist beispielsweise Burnout – im Gefolge von Stress – mittlerweile zu einer inflationär verwendeten „Modediagnose“ in der gegenwärtigen Leistungsgesellschaft geworden. Neue Suchtkrankheiten (z.B. „Skin Picking Disorder“, „Messie-Syndrom“) und Angstdiagnosen (z.B. Arbeitsplatzphobie, Panikattacken) haben sich in die Diagnoseindizes eingeschrieben und die WHO prognostiziert Depressionen als zweithäufigste Zivilisationskrankheit. Aber auch individuelle Selbstwahrnehmungen basieren zusehends auf einem therapeutischen Blick und Strategien und Modelle der emotionalen Selbstoptimierung boomen (u.a. Programme zur Emotionalen Intelligenz, NLP).

Zentrale Ausgangsüberlegung für die Diskussionen auf dem Symposium ist die Annahme, dass die allerorten proklamierte zunehmende Prävalenz psychischer Leidenszustände im Kontext von Emotionalisierungsdiskursen zu analysieren ist: Im Zuge gegenwärtiger Transformationsprozesse werden vormals soziale Fragen in individuell?emotionale transponiert. Die permanente Aufforderung zur Selbstreflexion, -optimierung und ?präsentation geht mit einer deutlichen emotionalen Erschöpfung einher.

Das Symposium möchte über Vorträge, Workshops und eine Podiumsdiskussion aus interdisziplinärer Perspektive der Frage nachgehen, wie diese Phänomene und Entwicklungen zu erklären sind bzw. wie sie sich über aktuelle Diskurse konstituieren. Der Dialog zwischen den Kultur- und Sozialwissenschaften und der Psychoanalyse soll vertieft werden. Neben der in der Soziologie u.a. von Alain Ehrenberg beschriebenen „Müdigkeit, man selbst zu sein“, die mit dem „neuen Zwang zur Freiheit“ einhergeht, liegt dem Symposium die These zugrunde, dass insbesondere mit dem gesellschaftlichen Imperativ auf Wohlgefühle auch neue Unwohlgefühle entstehen, pathologisiert und als behandlungsbedürftig erachtet werden.

PROGRAMM

FREITAG, 7.6.2013

8.30 Registrierung

9.00–10.00 Eröffnung

>Elisabeth Mixa (Wien): Un-Wohl-Gefühle. Inhaltliche Rahmungen des Symposiums

>Karl Krajic (Wien): Gesundheitssoziologische Perspektivierungen

10.00–11.15

>Christina von Braun (Berlin): Monetarisierung der Gefühle. Das Geld als Triebwerk von Emotion und Sexualität

11.15–12.30

>Monica Greco (London): Neurotic Citizenship, Polarisation and Controversy around »Medically Unexplained Symptoms«

PAUSE

14.00–15.15

>Paul Stenner (London): Liminality, Un-Wohl-Gefühle and the Affective Turn

15.15–16.30

>August Ruhs (Wien): Zum Unbehagen in der gegenwärtigen Kultur

PAUSE

17.00–18.15

>Ilka Quindeau (Frankfurt/M.): Depressionen und Geschlecht

18.15–20.00 WORKSHOPS

>Sarah Miriam Pritz (Wien): Stress und Burnout

>Edith Futscher (Wien): Unter Einfluss (mit Filmausschnitten zum Thema)

>Philipp Hauß (Wien): Wellness

>Nadine Teuber (Frankfurt/M.): Emotionsnormen, Geschlecht und Depression

SAMSTAG, 8.6.2013

9.30–10.30

>Präsentation der Workshop-Ergebnisse

10.30-11.45

>Linda Heinemann (Leipzig); Torsten Heinemann (Frankfurt/M.): Diagnose Burnout: Zur gesellschaftlichen Produktion einer umstrittenen Diagnose

11.45–13.00

>Nadine Teuber (Frankfurt/M.): Das Geschlecht der Depression. Emotionsnormen in der Konzeptualisierung "weiblicher" und "männlicher" depressiver Störungen.

PAUSE

14.30–15.45

>Birgit Sauer (Wien): Gefühle als Regierungstechnik. Eine geschlechtertheoretische Perspektive

>16.00–17.15

Christian von Scheve (Berlin): Anomie reloaded. Zur sozialen Strukturierung und kulturellen Codierung von Gefühlen

17.15–19.00 Podiumsdiskussion: Zwischen Wellness-Wahn und Depression. Macht uns diese Gesellschaft krank?

TeilnehmerInnen:

Rainer Gross (Psychiater und Psychotherapeut)

Georg Psota (Psychiater)

Birgit Sauer (Politikwissenschaftlerin)

Elisabeth Skale (Psychiaterin und Psychotherapeutin)

Bettina Zehetner (Philosophin)

Moderation: Karl Krajic (Gesundheitssoziologe)

Zur Webseite der Veranstaltung


Veranstalter

Imagine. Verein für Kulturanalyse, IWK - Institut für Wissenschaft und Kunst, Sektion Gesundheits- und Medizinsoziologie der Österreichische Gesellschaft für Soziologie, Wiener Psychoanalytische Akademie


Kontakt

Markus Tumeltshammer
Universität Wien
01 42770
markus.tumeltshammer@univie.ac.at