Dienstag, 06. Dezember 2022, 19:30 - 21:00 iCal

Argia und Antigone oder das Lied von Theben

Tragödie frei nach Statius, "Thebais".

 

Ein Gemeinschaftsprojekt von Lehrenden und Studierenden der Universität Wien, organisiert vom Institut für Klassische Philologie, Mittel- und Neulatein (Gesamtkonzeption: Univ.-Prof. Dr. Andreas Heil).

 

 

HS A, Universitätscampus AAKH, Hof 2
Spitalgasse 2-4, 1090 Wien

Kultur


Antigone ist bis heute eine der bekanntesten und wirkmächtigsten Figuren der Antike. Doch wer ist Argia?

Ihre Bekanntheit verdankt Antigone vor allem der gleichnamigen Tragödie des Sophokles (5. Jh. v. Chr.). Die Vorgeschichte ist folgende: Eteokles und Polyneikes übernehmen von ihrem Vater Ödipus die Macht über Theben. Die Brüder vereinbaren, sich jährlich in der Herrschaft abzuwechseln. Schon nach Ablauf des ersten Jahres verweigert Eteokles Polyneikes den Thron. Dieser hatte inzwischen in Argos die Tochter des dortigen Königs Adrast geheiratet: Argia. Mit Unterstützung seines Schwiegervaters und weiterer Heerführer greift er seine Heimatstadt an: der sog. ‚Zug der Sieben gegen Theben‘. Die argivischen Anführer (mit Ausnahme Adrasts) fallen nacheinander. Höhepunkt und Ende des Krieges ist der Zweikampf der Brüder, die sich gegenseitig töten. Kreon übernimmt die Macht in Theben und verbietet die Bestattung des Aggressors Polyneikes.

Hier setzt die Tragödie des Sophokles ein. Antigone entschließt sich, den Bruder gegen den Befehl des Königs symbolisch zu bestatten, ein Liebesdienst, für den sie letztlich mit dem Leben bezahlen muss. Sophokles zeigt uns Antigone als eine völlig isolierte Heldin. Aber der Mythos wurde auch anders erzählt.

Der flavische Dichter Statius (1. Jh. n. Chr.) behandelt den ‚Zug der Sieben‘ in seinem Epos "Thebais". Nach Kriegsende ziehen die Frauen der argivischen Soldaten Richtung Theben, um ihre im Feindesland gefallenen Männer zu bestatten. Unterwegs erfahren sie vom Bestattungsverbot Kreons, das bei Statius auf alle Angreifer ausgeweitet ist. Während die anderen Frauen daraufhin nach Athen aufbrechen, um vom dortigen König Theseus militärische Hilfe gegen Kreon zu erbitten, begibt sich Argia allein nach Theben, wo sie überraschend auf Antigone trifft. Die Frauen erkennen sich und bestatten ihren Ehemann bzw. Bruder gemeinsam.

Für einen Augenblick scheint die wunderbare Freundschaft der ‚Schwestern‘, die mitten im Grauen des Schlachtfelds zueinanderfinden, über den Hass der Brüder zu triumphieren. Das ist aber noch nicht das Ende. Der Krieg wird in der nächsten Generation weitergehen...

Mit seinem Epos stellt Statius eine Frage, die heute so aktuell und so offen ist wie vor über 2000 Jahren: Welche Kräfte werden in der Geschichte der Menschheit letztlich die Oberhand gewinnen, Verständigung und Opferbereitschaft oder Machtstreben, Hass und Zerstörung?


Veranstalter

Institut für Klassische Philologie, Mittel- und Neulatein


Um Anmeldung wird gebeten


Kontakt

Sonja Schreiner
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Institut für Klassische Philologie, Mittel- und Neulatein
419 14
sonja.schreiner@univie.ac.at