Mittwoch, 20. Januar 2021, 18:30 - 20:00 iCal

Ringvorlesung Turkologie WiSe 2020/21

„...ein Feind Josef von Hammers“ – Habsburgisch-osmanische Beziehungsgeschichten

Institut für Orientalistik
Spitalgasse 2, Hof 4.1 (Campus), 1090 Wien

Hybrider Event (an einem physischen Ort und online)


Thomas Wallnig (Wien)

 

Ein diplomatischer Reisebericht für ein imperiales Publikum. Georg Cornelius Drieschs „Historische Nachricht von der Römisch-Kayserlichen Groß-Botschafft nach Constantinopel“ (1723)

In den Jahren 1719/20 begleitete der Ex-Jesuit, Bibliothekar und Schriftsteller Georg Cornelius Driesch die kaiserliche Großbotschaft nach Istanbul. Großbotschafter war Reichsgraf Damian Hugo von Virmont, der als Feldzeugmeister an den Kriegen gegen das Osmanische Reich teilgenommen hatte und später maßgeblich an den Verhandlungen beteiligt gewesen war, die 1718 zum Frieden von Passarowitz führten. Driesch dokumentierte den mehrmonatigen Aufenthalt in Istanbul in einer umfänglichen Publikation, die in zwei Versionen erschien: auf Latein 1721 in Wien und auf Deutsch 1723 in Nürnberg.

Etwa zur selben Zeit wie Lady Wortley Montagu beschreibt Driesch in seiner Darstellung freilich eine andere „Türkei“ als die englische Aristokratin: eine von „Hoffarth und Grobheit“, einem strengen, doch mit Interesse wahrgenommenen Herrschaftsregime, und schließlich auch eine Kulturlandschaft, deren traditionell christliche Züge bewusst herausgearbeitet werden.

Drieschs Text verbindet Elemente des diplomatischen Berichts mit jenen der Landesbeschreibung, traditionelle „Türkenbilder“ mit dem Anliegen, die Handlungsspielräume des eben geschlossenen Friedens auszuloten. Zugleich betont er für unterschiedliche Publika (im Reich und in Wien) die Rolle des Kaisers, als oberster Herrscher der Christenheit ebenso wie als Oberhaupt eines tri-konfessionellen Imperiums.

Die finale Einheit der Ringvorlesung stellt Drieschs Text vor und plädiert für eine kontextualisierende Lektüre, die es ermöglichen soll, diese Habsburgisch-Osmanische Begegnung – wie alle anderen – aus ihrer jeweiligen Situation heraus zu verstehen.

 

Bio

PD Dr. Thomas Wallnig, MAS, ist Historiker (Privatdozent und Leiter mehrerer Projekte) am Institut für Geschichte und am Institut für Österreichische Geschichtsforschung der Universität Wien. Im Wintersemester 2020/1 ist er Gastprofessor an der Universität Padua (Italien). Er befasst sich mit zentraleuropäischer Ideengeschichte der Vormoderne und angewandten Digital Humanities. Jüngste Publikationen: Critical Monks. The German Benedictines, 1680-1740 (Leiden–Boston 2019); Reassembling the Republic of Letters in the Digital Age. Standards, Systems, Scholarship (hg. mit Howard Hotson, Göttingen 2019); Digital Eighteenth Century (34. Jahrbuch der OGE18, hg. mit Marion Romberg und Joëlle Weis, Wien 2019).

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Veranstalter

Institut für Orientalistik


Kontakt

Ayse Dilsiz Hartmuth
Institut für Orientalistik
43-1-4277-43451
ayse.dilsiz@univie.ac.at