Donnerstag, 14. Dezember 2017, 12:00 - 14:00 iCal

INTERAKTIONEN – Andreas Kranebitter

Andreas Kranebitter (Wien)

Elmer Luchterhand und das Scheitern der soziologischen Forschung in den USA zu nationalsozialistischen Konzentrationslagern

Seminarraum 1, Institut für Zeitgeschichte, Universitätscampus
Spitalgasse 2-4/Hof 1, Tür 1.13, 1090 Wien

Vortrag


Elmer Luchterhand (1911–1998), in den 1930er-Jahren politischer Aktivist im US-Bundesstaat Wisconsin, war während des Zweiten Weltkriegs Nachrichtenoffizier in der 65th Infantry Division der US Army und als solcher an der Befreiung des KZ Hersbruck, eines Außenlagers des KZ Flossenbürg, betei­ligt. Als Public Relations Writer besuchte er nach ihrer Befreiung acht Konzentrations- und ZwangsarbeiterInnenlager, darunter auch die befreiten KZ Mauthausen und Gusen. Die informelle Interview­tätigkeit, die er dort für Armeeberichte durchgeführt hatte, setzte er als Student in den USA fort. Für seine Dissertation führte er 52 Interviews mit KZ-Überlebenden, unter ihnen etwa Paul Neurath und Ernst Federn, und verwendete dafür methodisch innovative Interviewguides, um Daten zu sozialen Be­ziehungen in den Häftlingsgesellschaften der Konzentrationslager zu generieren – u.a. zu sensiblen Themen wie Diebstahl und Sexualverhalten. Der Vortrag stellt die Forschungen Luchterhands metho­disch und inhaltlich vor und bettet sie in einen größeren Kontext früher soziologischer Forschungen zu NS-Konzentrationslagern ein. Dabei wird die Frage nach den Gründen danach aufgeworfen, warum der Großteil seines Werks unveröffentlicht geblieben und in Vergessenheit geraten ist. Seine Dissertation aus dem Jahr 1952 wird, kommentiert und eingeleitet von Christian Fleck und Andreas Kranebitter, im Frühjahr 2018 unter dem Titel "Einsame Wölfe und stabile Paare. Verhalten und Sozialordnung in den Häftlingsgesellschaften nationalsozialistischer Konzentrationslager" in der Schriftenreihe der KZ-Gedenkstätte Mauthausen erscheinen.

Andreas Kranebitter hat Soziologie und Politikwissenschaften in Wien studiert. Seit 2005 wissenschaft­licher Mitarbeiter der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, von 2014 bis 2017 uni:doc-fellow am Institut für Soziologie der Universität Wien, seit 2017 Leiter der Forschungsstelle der KZ-Gedenkstätte Maut­hausen. Jüngste Publikation: "Zahlen als Zeugen. Soziologische Analysen zur Häftlingsgesellschaft des KZ Mauthausen". Mauthausen-Studien, Band 9, Wien 2015.

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Kontakt

Marianne Ertl
Institut für Zeitgeschichte
4277-41202
marianne.ertl@univie.ac.at