Mittwoch, 03. Juni 2015, 17:00 - 18:30 iCal

Wednesday Seminar - Susanne Rodemeier

Bui Hangi - Ein Wassermythos aus Pura (Indonesien)

Institut für Kultur- und Sozialanthropologie
Universitätsstraße 7, NIG 4. Stock, HS C, 1010 Wien

Lecture


Der Film handelt von Bui Hangi, einem Mädchen, das von ihrem Vater an die Wasser-Berg-Gottheit der Insel Pura verheiratet wurde. Die Insel liegt im Alor-Pantar Archipel des südlichen Ostindonesiens. Der Film wurde von der Ethnologin Dr. Susanne Rodemeier und von Martin Höcker im Jahr 2003 produziert und thematisiert das Problem des extremen Wassermangels gegen Ende der mehrmonatigen Trockenzeit. Er zeigt, dass die Gefahren dieses Mangels über Generationen tradiert werden; erinnert daran, welche Pflichten eine Tochter zu erfüllen hat, so ihr Vater es von ihr erwartet; und er weist darauf hin, dass es den Inselbewohnern nicht leicht fällt, ihren christlich-protestantischen Glauben mit der Erinnerung an ihre Vorfahren in Einklang zu bringen.

Dieser Dokumentarfilm greift eine der wenigen mythischen Erzählungen auf, die jeder auf Pura kennt und die insbesondere Väter ihren Kindern vor dem Einschlafen erzählen. Sie handelt von einem Vater, der seine Tochter, als er extremen Durst verspürt, der Wassergottheit oben am Berg verspricht, sollte er sofort ausreichend Wasser für sich und die Pflanzen bekommen. Unmittelbar nach diesem Schwur sprudelt Wasser aus dem Boden und es beginnt heftig zu regnen. Die Gottheit erfüllt ganz offensichtlich des Vaters Wunsch. Doch als die Erde unter dem Dorf Dolabang in Bewegung gerät und die Gefahr besteht, dass das ganze Dorf durch einen Erdrutsch ins Meer geschwemmt wird, sehen sich die Eltern des Mädchens zum Handeln gezwungen. Sie müssen des Vaters Versprechen einlösen.

Der Film zeigt nicht nur die Lebendigkeit der mythischen Erzählung, die über Generationen weitergegeben wurde. Er zeigt auch, wie dieser Mythos weiterlebt, obwohl die Bevölkerung Puras sich vor etwa siebzig Jahren taufen lies und den Protestantischen Glauben annahm. Seither gelten Mythen und die Erinnerungen an die Vorfahren als Irrglaube. Beim Wiedererzählen wurde allerdings deutlich, dass in der Geschichte viel mehr oder vielleicht sogar etwas ganz anderes steckt als das, was die Missionare als Ahnenverehrung verstanden. Sie erinnert auch daran, wie gefährlich die Trockenzeit sein kann; was patriarchale Strukturen bedeuten können; welche Konsequenzen das lokale Heiratssystem für ein Mädchen haben kann. Und wird mit diesem Mythos nicht auch eine denkbare Erklärung gegeben, warum noch im 19. Jahrhundert so viele Sklaven auf Java und Bali von den ostindonesischen Inseln stammten, ohne dass dadurch am Ort ihres Ursprungs gesellschaftliche Unruhe provoziert worden wären?

 

 

 

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Veranstalter

Institut für Kultur- und Sozialanthropologie


Kontakt

Mag. Marie-Therese Hartwig
Institut für Kultur- und Sozialanthropologie
427749534
marie-therese.hartwig@univie.ac.at