Mittwoch, 03. Juni 2015, 19:00 - 21:00 iCal

Peter Rosei: Brown versus Calder

Gedanken zur Dichtkunst.

Poetikvorlesungen im Rahmen der Ernst-Jandl-Dozentur für Poetik 2015

Hörsaal 31, Hauptgebäude der Universität Wien, Stiege 9
Universitätsring 1, 1010 Wien

Vortrag


Als Ernst-Jandl-Dozent 2015 wird Peter Rosei 2 Vorlesungen mit dem Gesamttitel "Brown versus Calder. Gedanken zur Dichtkunst" halten. Dazu aus dem Text zu Peter Roseis Buch mit gleichnamigem Titel, das Ende Mai im Sonderzahl Verlag erscheint:

"Wer kennt nicht das Bild von den ruhe- und regellos sich bewegenden Molekülen, aus denen sich die Materie aufbaut: Ähnelt das unserer Gedankenarbeit? Ist die Wärmebewegung von Teilchen, die der schottische Botaniker Robert Brown 1827 entdeckte, als Modell dafür tauglich? Oder sollen wir doch eher eines der Mobiles des US-amerikanischen Bildhauers Alexander Calder heranziehen, um uns ein Bild vom Zusammenwirken der Gedanken im schöpferischen Prozess zu machen? Brown’sche Bewegung und Calders kinetische Kunst, Unordnung und Gleichgewicht – entlang dieser beiden Positionen entwickelt Peter Rosei seine poetologischen Gedanken und versucht, ausgehend von bisherigen Überlegungen zur Kunst für sich möglichst gültige Aussagen zu treffen. Dabei umkreisen seine Gedanken folgende Fragestellungen: Wie hängen Wahrnehmen, Erinnern und Gestalten zusammen? Wie verhält sich das Kunstwerk zur Wahrheit? Gibt es das: künstlerisches Denken? Was ist Stil? Was ergibt sich aus den Gegenüberstellungen von Detail und Ganzem, Funktion und Zeitlichkeit, Bild und Essay?"

 

MI 3.6.2015 Peter Rosei: Brown versus Calder. Gedanken zur Dichtkunst.

1. Vorlesung

Ort: Hörsaal 31, Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 9;

19.00-21.00

 

MI 10.6.2015 Peter Rosei: Brown versus Calder. Gedanken zur Dichtkunst.

2. Vorlesung

Ort: Literarisches Quartier der Alten Schmiede, Schönlaterngasse 9, 1010 Wien

19.00-21.00

 

12.6.2015, 17.30

Neuberg/Mürz

Gemeindefestsaal

Konversatorium zu den Vorlesungen. Im Rahmen der Ernst-Jandl-Tage

Von Roseis Vorlesungen ausgehend untersucht die Semestervorlesung von Thomas Eder exemplarisch und ausgewählt drei Bereiche, die man unter der Frage nach der Erkenntnisfunktion von Dichtkunst analysieren könnte:

1) Metapherthorien und Bild-Theorien

Metapher und sprachliche Bilder können als eine der Kernfunktionen der Literatur (der Dichtung wie auch der Prosa) betrachtet werden. Welche Rolle sie für die Frage nach Erkenntnis in und mithilfe der Literatur spielen, soll nach einer kurzen Darstellung einiger Metapher- und Bildtheorien beleuchtet werden.

"Die dynamisierte Verschneidung der Bilder: das ist die Erzählung." (Peter Rosei)

2) Theorien zum Verhältnis von Gedanke und Satz, Wahrnehmen, Vorstellung und Erinnern

Wahrnehmen, Vorstellen, Erinnern sind in der literarischer Gestaltung an sprachliche Prozesse, zumeist an Sätze, gebunden. Was ist eigentlich ein Satz, und wie hängt er vielleicht mit Gedanken zusammen? Solchen und ähnlichen Fragen soll in diesem Abschnitt der Vorlesung nachgegangen werden.

"Idealiter muss jeder Satz so gedacht sein, dass er in mehrfacher Weise aussagekräftig ist. Man könnte auch sagen: In myzelhafter Verstrickung bildet das Konstrukt der Sätze die Verbindung der Gedanken und, vielleicht auch, das Konstrukt der in ihnen gefassten Einsichten nach." (Peter Rosei)

3) Empathie und Narratologie

Narratologische Konzepte haben in den letzten Jahren eine entscheidende Ergänzung erfahren, manche sprechen gar von einer Wende von so genannten klassischen Konzepten der Narratologie, die auf Strukturalismus und seinen (mitunter bizarren) Post-Spielarten fußen, hin zu kognitiven Ansätzen, die die Erkenntnisse der Kognitionswissenschaften benützen, um narratologische Fragen auf dieser Basis neu zu formulieren und zu beantworten. Kognitive Ansätze der Erzählforschung berufen sich häufig auf die allgemeine psychische Fähigkeit des Menschen, erschließen zu können, was man selbst denkt, wahrnimmt oder fühlt, bzw., was andere denken, wahrnehmen oder fühlen. Dieser Prozess wird generell als durch das ermöglicht gedacht, was die Kognitionswissenschaft als "Theory of Mind" (ToM) und eine darauf basierende "Einfühlung" – vielleicht Empathie – in andere untersucht. Auch dieser Bereich soll theoretisch und in Anwendung auf Texte Peter Roseis betrachtet werden.

"Hie Empathie, dort Denken: Diese Aporie meine ich, fühle ich deutlich, ja beinah schmerzhaft, wenn ich – voller Übermut nun wieder und spöttisch – sage: Kunst, das ist eben kein Diskurs." (Peter Rosei)

Peter Rosei, *1946 in Wien, Studium der Rechtswissenschaften, seit 1972 freier Schriftsteller. Von 1975 bis 1981 Aufenthalt in Salzburg, lebt seither in Wien; Verfasser von Romanen, Hörspielen, Essays, Gedichtbänden und Theaterstücken, auch Übersetzer (gemeinsam mit Christa Pock: Michelangelo Antonioni: Zabriskie Point, 1985, und Anonimo Triestino: Das Geheimnis, 1988). Er erhielt zahlreiche Preise, u.a. den Anton-Wildgans-Preis 1999 und das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 2007. Publikationen: Landstriche. Erzählungen (1972); Bei schwebendem Verfahren. Roman (1973); Wege. Erzählungen (1974); Entwurf für eine Welt ohne Menschen. Entwurf zu einer Reise ohne Ziel. Prosa (1975); Klotz spricht mit seinem Anwalt. Vier Hörspiele, ein Fernsehspiel (1975); Der Fluß der Gedanken durch den Kopf. Logbücher (1976); Wer war Edgar Allan? Roman (1977); Nennt mich Tommy (1978); Von Hier nach Dort. Roman (1978); Alben (1979); Chronik der Versuche, ein Märchenerzähler zu werden. Erzählungen (1979); Innenhof (mit Johann Kräftner, 1979); Das Lächeln des Jungen. 59 Gedichte (1979); Regentagstheorie. 59 Gedichte (1979); Das schnelle Glück. Roman (1980); Frühe Prosa. Erzählungen aus den Jahren 1970?73 (1981); Die Milchstraße. Sieben Bücher (1981); Versuch, die Natur zu kritisieren. Essays (1982); Reise ohne Ende. Aufzeichnungsbücher (1983); Komödie (1984); Mann & Frau (1984); Franz und ich. Erzählungen und Essays (1985); 15000 Seelen. Roman (1985); Die Wolken (1986); Der Aufstand (1987); Unser Landschaftsbericht (1988); Rebus. Roman (1990); Aus den Aufzeichnungsbüchern (1991); Der Mann, der sterben wollte, samt einer Geschichte von früher (1991); Fliegende Pfeile. Aus den Reiseaufzeichnungen (1993); Beiträge zu einer Poesie in der Zukunft. Grazer Poetikvorlesungen (1995); Persona (1995); Kurzer Regentag. Aufzeichnungen (1997); Verzauberung. Vier Texte (1997); Naturverstrickt. Essays samt einem Duett mit Redmond O’Hanlon (1998); Viel früher. Gedichte (1998); Liebe & Tod. Roman (2000); St. Petersburg. Paris. Tokyo ... Reisefeuilletons (2000); Album von der traurigen und glücksstrahlenden Reise (2002); Dramatisches (2002); Dramatisches 2 (2004); Wien Metropolis. Roman (2005); Die sog. Unsterblichkeit. Kleine Schriften (2006); Österreichs Größe, Österreichs Stolz. Ideentheater (2008); Das große Töten. Roman (2009); Geld! Roman (2011); Madame Stern. Roman (2013); Die Globalisten. Roman (2014).


Veranstalter

Institut für Germanistik


Kontakt

Thomas Eder
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