Mittwoch, 15. April 2015, 17:15 - 18:45 iCal

Gastvortrag Dr. Lukas Mairhofer

"A-tom und In-dividuum: Bertolt Brechts Interferenz mit der Quantenmechanik"

UZA II/Rotunde, Seminarraum 2H467
Althanstraße 14, 1090 Wien

Vortrag


Der Vortrag untersucht die Interferenz des epischen Theaters Bertolt Brechts mit der Quantenphysik. Interferenz wird dabei als methodischer Ansatz entwickelt, der es erlaubt, unterschiedliche Bilder dieser Wechselwirkung zweier Wissensgebiete zu erzeugen. Das epische Theater teilt mit den QuantenphysikerInnen einen gemeinsamen historischen, sozialen und kulturellen Hintergrund: Beide entwickeln sich in der Weimarer Republik und sind während des NS-Faschismus und Weltkriegs geprägt von der Erfahrung des Exils. Die Auseinandersetzung Brechts mit der Quantenphysik baut auf einem gemeinsamen Reservoir an Begriffen und Methoden auf, wie anhand von Statistik, Feld und Kollektiv gezeigt wird. Damit wird die Übersetzung eines physikalischen Gedankenexperiments in ein epistemologisches Modell mit ethischen und ästhetischen Konsequenzen möglich: Brecht metaphorisiert Heisenbergs Gedankenexperiment des Gammastrahlen-Mikroskops, um den Einfluss der Beobachtung auf den Vorgang auch am Theater und in der Soziologie zu erfassen. Im Exil begegnet Brecht Hans Reichenbach und eine heftige Diskussion entspinnt sich – um das Kausalitätsproblem in der neuen Physik. Die Spuren dieser Auseinandersetzung finden sich im Archiv mit dem Nachlass Reichenbachs ebenso wie in Brechts letztem großen Drama, dem Kaukasischen Kreidekreis. Dabei erweist sich die Kohärenz der fundamentalen Entitäten, mit welchen in den beiden Wissensgebieten operiert wird, als notwendige Voraussetzung einer Interferenz.

Lukas Mairhofer hat in Wien, Neu Delhi, Berkeley und Konstanz studiert. Er hat im Fach Philosophie mit einer Arbeit zu "Bertolt Brechts Interferenz mit der Quantenphysik" promoviert, war junior fellow des Internationalen Forschungszentrums Kulturwissenschaften (IFK), Stipendiat des Graduiertenkollegs "Das Reale in der Kultur der Moderne" der Universität Konstanz und ist fellow des Graduiertenkollegs "Complex Quantum Systems" der Universität Wien. Derzeit arbeitet er an seiner Dissertation im Fach Physik an einem Kapitza-Dirac-Talbot-Lau Interferometer für Materiewellen.


Veranstalter

Doktoratskolleg "Naturwissenschaften im historischen, philosophischen und kulturellen Kontext”


Um Anmeldung wird gebeten


Kontakt

Mag. Mag. Mag. Ramon Pils, DipTrans
Institut für Geschichte
01 4277 40872
dksciences.geschichte@univie.ac.at