Mittwoch, 12. November 2014, 18:30 - 20:00 iCal

Geschichte am Mittwoch/ Geschichte im Dialog

Andreas Plackinger (München): Michelangelo als Mörder? Wechselwirkungen von Kunst und Anatomie im 16. und 17. Jahrhundert

Jour fixe des Instituts für die Erforschung der Frühen Neuzeit

Universität Wien - Institut für Geschichte, HS 45
Universitätsring 1, 1010 Wien

Vortrag


Spätestens seit Richard Carpenters Experience, Historie and Divinitie (London 1642) kursierte die schwarze Legende vom mordenden Michelangelo. Vorzugsweise in der Viten- und Guidenliteratur wurde wiederholt berichtet, der gefeierte Künstler habe ein Modell ans Kreuz geschlagen und schließlich getötet, um auf diese Weise das Leiden Christi möglichst überzeugend dal naturale im Kunstwerk wiedergeben zu können. Im Zusammenhang mit diesem ominösen Kruzifix, das noch den Marquis de Sade während seiner Italienreise beschäftigten sollte, wurde bereits im 17. Jahrhundert auf den antiken Ursprung dieses Erzählmotivs - das gemarterte Modell des griechischen Malers Parrhasios - hingewiesen. So überzeugend diese Herleitung auch sein mag, sie liefert noch keine Erklärung dafür, warum der Mythos vom mordenden Maler gerade auf Michelangelo übertragen wurde und dadurch eine Renaissance erlebte. Ziel dieses Vortrags ist es daher, eine andere Wurzel dieses düsteren Narrativs freizulegen: die enge Verknüpfung von Kunst und Anatomie im italienischen Cinquecento, eine Allianz für die Michelangelo wie kein Zweiter stand. Es soll gezeigt werden, dass die vielfältigen Wechselbezüge zwischen ästhetischem und wissenschaftlichem Diskurs um Michelangelo und Vesalius nicht nur die Möglichkeit boten, zentrale kunsttheoretische Positionen zu veranschaulichen, sondern auch eine Quelle des Unbehagens und der Angst darstellten.


Veranstalter

Institut für Geschichte


Kontakt

MMag. Dr. Andrea Brait
Institut für Geschichte
4277 408 01
andrea.brait@univie.ac.at